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Ich fand Elias Vogt blutend in einer Gasse und machte ihn zum König des Frankfurter Bankenviertels. Ich brachte ihm alles bei, gab ihm ein Imperium und machte ihn zu meinem heimlichen Ehemann. Er war mein Meisterwerk.
Dann spielte mir seine neue Influencer-Freundin eine Aufnahme vor. Ich hörte die Stimme, die ich geformt hatte, wie sie mich seine „Aufseherin“ nannte, seine „Krücke“, die „alte Schachtel, die glaubt, ich gehöre ihr“.
Aber das war erst der Anfang.
Er nahm die Macht, die ich ihm gegeben hatte, und nutzte sie, um die Kinderkrebsstation abzureißen, die wir im Gedenken an unsere totgeborene Tochter Hoffnung gebaut hatten. Auf den Trümmern errichtete er ein Luxus-Spa als Geschenk für seine neue Geliebte.
Er stand sogar vor mir und sagte mir ins Gesicht: „Vielleicht wäre Hoffnung noch hier, wenn du nicht so besessen von deiner Arbeit gewesen wärst.“
Der Mann, den ich aus dem Nichts erschaffen hatte, versuchte, unsere gesamte Geschichte auszulöschen, einschließlich unseres toten Kindes. Er dachte, er könnte mich einfach niederreißen und sein neues Leben auf meiner Asche errichten.
Als sie mir also eine Einladung zu ihrer Hochzeit schickten, nahm ich an. Es ist schließlich wichtig, einem Mann einen Tag des vollkommenen Glücks zu schenken, bevor man ihn endgültig vernichtet.
Kapitel 1
Gloria Franke war zwölf Jahre älter als Elias Vogt.
Es war eine Zahl, an die sie jedes Mal dachte, wenn sie ihn ansah.
Sie fand ihn in einer dunklen Gasse hinter einer Spelunke im Frankfurter Bahnhofsviertel, blutend aus einer tiefen Wunde über seinem Auge.
Er war Stipendiat an der Goethe-Universität, brillant und pleite, und kämpfte in illegalen Kämpfen, um die Arztrechnungen seiner Mutter zu bezahlen.
In dieser Nacht sah er aus wie ein in die Enge getriebenes Tier.
In seinen Augen loderte ein Hunger, nicht nur nach Essen, sondern nach allem, was er nicht hatte.
Er war animalisch.
Er war unverwüstlich.
Sie sah in ihm das Rohmaterial eines Killers, von der Sorte, die das Bankenviertel dominieren könnte, wenn man ihm die richtigen Waffen gäbe.
Also nahm sie ihn bei sich auf.
Sie machte ihn sauber, bezahlte seine Schulden und gab ihm einen Platz an ihrem Tisch.
Sie brachte ihm bei, wie man sich kleidet, wie man spricht, wie man eine Firma ausschlachtet und mit Gewinn in Einzelteilen verkauft.
Er war ein schneller Lerner.
In zehn Jahren wurde er vom Gassenkämpfer zum Wunderkind der Hedgefonds-Szene, dem Star der Frankfurter Finanzwelt.
Er war ihre größte Schöpfung.
Ihr Meisterwerk.
Ihr heimlicher Ehemann.
Dann kam Kimmy Conrad.
Sie war eine Influencerin, kaum alt genug, um legal trinken zu dürfen, mit einem chirurgisch perfektionierten Gesicht und einem Ehrgeiz, so scharf und hässlich wie ein Messer.
Gloria traf sie zum ersten Mal auf einer Charity-Gala. Kimmy, an Elias' Arm, hatte Gloria von oben bis unten gemustert, ein überhebliches Grinsen auf den Lippen.
„Sie sind also die Legende“, hatte Kimmy gesagt, ihre Stimme triefte vor gespielter Ehrfurcht. „Elias redet ständig von Ihnen. Seine … Mentorin.“
Das Wort war eine sorgfältig gewählte Beleidigung.
Heute Abend hatte Kimmy sie erneut aufgesucht und Gloria in der stillen Abgeschiedenheit ihres Penthouse-Büros mit Blick auf die Frankfurter Skyline gefunden.
Kimmy stand da und hielt ihr Handy hoch.
„Ich dachte, das sollten Sie hören“, sagte sie mit einem breiten, grausamen Lächeln.
Sie drückte auf Play.
Eine Aufnahme begann. Kimmys Stimme, kichernd. „Sag mir noch mal, wie du sie nennst.“
Dann Elias' Stimme, sanft und vertraut. Die Stimme, die sie geformt hatte.
„Die Aufseherin“, sagte er, gefolgt von einem leisen Lachen. „Meine wunderschöne, brillante, erstickende Aufseherin.“
„Und was noch?“, drängte Kimmy.
„Meine Leine. Meine Krücke. Die alte Schachtel, die glaubt, sie besitzt mich, nur weil sie mich aus der Gosse gefischt hat.“
Die Aufnahme lief weiter, jedes Wort ein präziser, gezielter Schnitt.
Er sprach über ihr Alter, ihre Kontrolle, ihre pathetische Sentimentalität wegen ihrer totgeborenen Tochter.
Er nannte sie ein wandelndes Mausoleum.
Gloria hörte zu, ohne mit der Wimper zu zucken, ihr Gesicht eine steinerne Maske.
Sie hatte ihn aus dem Nichts erschaffen. Sie hatte ihm eine Welt geschenkt, von der er nur träumen konnte, und als Gegenleistung sah er sie als Gefängnis.
Die Ironie war bitter. Er beschwerte sich über den Käfig, aber er hatte vergessen, dass er derjenige war, der darum gebettelt hatte, hineingelassen zu werden.
Als die Aufnahme endete, sah Kimmy triumphierend aus.
„Er gehört jetzt mir“, erklärte sie.
Gloria antwortete nicht. Sie blickte einfach an Kimmy vorbei in Richtung Flur.
Ihr Assistent, Markus, erschien, gefolgt von zwei Sicherheitsmännern. Sie trugen einen großen, in Leinwand gewickelten Gegenstand.
„Ein Hochzeitsgeschenk“, sagte Gloria mit ruhiger Stimme. „Für dich und Elias.“
Sie stellten den Gegenstand auf den Boden und packten ihn aus.
Es war der ausgestopfte Kopf von Elias' preisgekröntem Rappen, einem Pferd, für das er eine Million Euro bezahlt hatte. Seine Glasaugen waren weit aufgerissen und voller Schrecken.
Kimmy schrie, ein schriller, hässlicher Laut, der in dem riesigen Raum widerhallte.
Die Bürotür wurde aufgerissen.
Elias stand da, sein Gesicht blass vor rasendem Zorn. Er hatte eine Waffe in der Hand, eine schlanke, schwarze Heckler & Koch.
Er richtete sie direkt auf Glorias Herz.
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