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Fünf Jahre lang war ich sein Schatten und seine heimliche Geliebte. All das wegen eines Versprechens, das ich seinem älteren Bruder an dessen Sterbebett gegeben hatte – dem Mann, den ich eigentlich heiraten sollte.
An dem Tag, an dem dieses Versprechen erfüllt war, befahl er mir, seine Verlobungsfeier mit einer anderen Frau zu planen.
Kapitel 1
Das fünfte Jahr neigte sich dem Ende zu. Es war der eintausendachthundertfünfundzwanzigste Tag, seit Clara Bach ihr Versprechen gegeben hatte, und der Tag, an dem sie beschloss, es endlich zu brechen.
Clara Bach stand am bodentiefen Fenster, ihr Blick auf das Lichtermeer gerichtet, das sich unter ihr über Hamburg ausbreitete. Die Lichter verschwammen zu einem bedeutungslosen Farbfleck.
Fünf Jahre lang war sie nicht nur Gregor von Ahlefelds Schatten gewesen – seine Assistentin, seine Problemlöserin, die Frau, die seine Wutausbrüche ertrug und sein Chaos beseitigte –, sondern auch seine Geliebte. Ein Geheimnis, verborgen im sterilen Luxus seines Penthouses in der HafenCity, eine Rolle, die sie aus einem fehlgeleiteten Pflichtgefühl spielte.
Und das alles wegen eines Versprechens an einen sterbenden Mann. Einen Mann, den sie wirklich geliebt hatte.
Die Erinnerung hatte immer noch die Macht, ihr den Atem zu rauben. Der sterile Geruch des Krankenhauses, das eindringliche Piepen einer Maschine und die Hand von Gregors älterem Bruder, Julian, die in ihrer langsam kalt wurde.
„Fünf Jahre, Clara.“ Seine Stimme war ein schwaches Krächzen, ein Geist des warmen Baritons, den sie so sehr geliebt hatte. „Pass einfach fünf Jahre lang auf ihn auf. Er ist rücksichtslos, er ist alles, was ich habe. Versprich es mir.“
Julian Brandt. Der Mann, der ihre Zukunft, ihr Ehemann hätte sein sollen. Das einzige wirkliche Licht in ihrer Welt, ausgelöscht in einem Wrack aus zerfetztem Metall und zersplittertem Glas, nur Wochen bevor er seinem jüngeren Halbbruder durch eine Adoption den Namen Brandt geben konnte.
Sie hatte zugestimmt. Für ihn hätte sie allem zugestimmt. Und in ihrer Trauer hatte sie diese Hingabe auf die einzige Person übertragen, die er zurückgelassen hatte. Sie hatte das Gewicht ihres Versprechens mit Liebe zu Gregor verwechselt.
Hinter ihr wurde eine Tür aufgerissen.
„Clara.“
Gregors Stimme war schneidend und durchbrach die Stille. Er würdigte sie keines Blickes, seine Aufmerksamkeit galt dem Handy, das er sich ans Ohr presste.
„Mir egal, was es kostet“, schnauzte er in das Gerät. „Erledigen Sie es.“
Er beendete das Gespräch und warf das Handy auf das Ledersofa. Seine Augen, nicht länger kalt und abweisend, sondern erfüllt von einer vertrauten, spielerischen Grausamkeit, landeten endlich auf ihr.
„Hast du es?“
„Der Übernahmevorschlag liegt auf Ihrem Schreibtisch“, sagte sie mit flacher, emotionsloser Stimme. „Ich habe die wichtigsten Risikofaktoren markiert.“
„Ich habe nicht nach deiner Analyse gefragt“, sagte er, ein spöttisches Lächeln umspielte seine Lippen. Er ging zur Bar und schenkte sich einen Drink ein. Er genoss diese Spiele, genoss die Macht, die er über sie hatte. Er war überzeugt, dass sie hoffnungslos in ihn verliebt war, ein treuer Hund, der ihn niemals verlassen würde. „Ich rede von der Hardenberg-Fusion. Charlotte und ich werden heiraten. Das ist wichtig für die Firma, für unsere Familien. Also erwarte ich, dass du dich in den nächsten Monaten von deiner besten Seite zeigst. Kein Drama, verstanden? Ich weiß, wie emotional du werden kannst.“
Charlotte von Hardenberg glitt ins Zimmer und schlang ihre Arme von hinten um Gregors Hals. Sie drückte ihm einen Kuss auf die Wange, ihre Augen, triumphierend funkelnd, trafen über seine Schulter hinweg Claras Blick.
„Sei nicht so hart zu ihr, Gregor“, säuselte Charlotte, ihre Stimme triefte vor falscher Süße. „Sie gibt ihr Bestes. Es ist nur … nun ja, man kann von jemandem aus ihrer Schicht nicht erwarten, dass sie den Druck versteht, unter dem wir stehen, oder? Manche Menschen sind zum Führen geboren, andere zum Folgen.“
Gregors Miene wurde weicher, als er Charlotte ansah. Er drehte sich um und zog sie in seine Arme. „Du bist zu gütig zu ihr.“
Die Szene war vertraut. Ein Theaterstück, das sie fünf Jahre lang in Dauerschleife gesehen hatte. Der arrogante Erbe, seine perfekte High-Society-Freundin und die nutzlose, liebeskranke Untergebene.
Charlottes perfekt manikürte Hand griff nicht nach einem Glas, sondern fuhr provokant mit einem Finger über Gregors Hemdfront.
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