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Lebensbeschreibung des k. k. Kapellmeisters Wolfgang Amadeus Mozart

Lebensbeschreibung des k. k. Kapellmeisters Wolfgang Amadeus Mozart

Franz Xaver Niemetschek

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Lebensbeschreibung des k. k. Kapellmeisters Wolfgang Amadeus Mozart by Franz Xaver Niemetschek

Chapter 1 No.1

Die Jugend Mozarts.

Der Vater dieses au?erordentlichen Genies, Leopold Mozart, war der Sohn eines Buchbinders zu Augsburg; er studirte zu Salzburg, und kam im Jahre 1743 als Hofmusikus in die fürstl. Kapelle. Sein Talent verbunden mit einem rechtschaffenen Charakter verschaffte ihm 1762 die Stelle des zweiten Kapellmeisters. Er war mit Anna Bertlinn verheurathet; beyde waren von einer so vortheilhaften K?rpergestalt, da? man sie zu ihrer Zeit für das sch?nste Ehepaar in Salzburg hielt.

Leopold Mozart besch?ftigte sich mit dem Hofdienste, die übrigen Stunden wendete er auf Komposition und Violinunterweisung. Welch ein vorzüglicher Kenner dieses Instruments er gewesen sey, beweiset die allgemein bekannte Violinschule, die er 1766 herausgab, und die im Jahre 1770, und zu unserer Zeit das drittemal in Wien aufgelegt wurde.

Er zeugte 7 Kinder; aber nur 2 blieben am Leben; ein M?dchen und ein Knabe. Der Sohn der im Jahr 1756 am 27sten J?nner gebohren ward, hie? Wolfgang Gottlieb, oder Amadeus; die Schwester, die ?lter war, Maria Anna.

Da der Vater bald an den beyden Kindern ein vorzügliches Talent zur Musik bemerkte, so gab er alle Lektionen und ausw?rtige Gesch?fte au?er seinem Dienste auf, und widmete sich ausschlie?lich der musikalischen Erziehung dieses Kinderpaares.

Dieser vortrefflichen Leitung mu? der ungew?hnlich hohe Grad der Vollkommenheit, zu dem Mozarts Genie sich so bald empor schwang, zugeschrieben werden. Die Natur vermag freylich viel – aber verwahrlost, oder zu einer andern Richtung gezwungen, verliert sie vieles von ihrer ursprünglichen Kraft. Auf die ersten Ideenreihen und Eindrücke kommt es bekannterma?en bey der Erziehung der Kinder am meisten an; denke man sich nun ein so gro?es natürliches Talent, als Mozart besa?, in so günstigen Umst?nden, so wird man bald von dem Erstaunen, in welches uns das Unbegreifliche seiner Aeu?erungen und Begebenheiten versetzt, zurück kommen, und den Thatsachen, die ich zu erz?hlen im Begriffe bin, gern Glauben beimessen. Die ersten Eindrücke, die sein Ohr auffa?te, waren Harmonien und Gesang; Musik waren die ersten Worte und Ideen, die er begriff! So mu?te der himmlische Funke, den die Gottheit in den Busen dieses den T?nen geweihten Knaben gelegt hatte, sehr früh aufwachen und in helle Flammen schlagen. Die gründlichen Kenntnisse seines sorgsamen Vaters kamen überall dem aufwachenden Genie entgegen; so wuchs er auf, so reifte er schneller, als die blo?e Natur zu reifen vermag.

Mozart war eben 3 Jahr alt, als seine 7 j?hrige Schwester den ersten Unterricht auf dem Klaviere bekam; und hier ?u?erte sich zuerst das Genie des Knaben. Er setzte sich oft freywillig zu dem Klavier und besch?ftigte sich stundenlang mit der Zusammenstimmung der Terzen, die er dann, wenn er sie fand, anschlug, und in lebhafte Freude ausbrach. Nun fing also der Vater an ihm leichte Stücke spielend beyzubringen; und er fand zu seinem freudevollen Erstaunen, da? der Schüler alle menschliche Erwartung übertraf; er lernte gew?hnlich in einer Stunde ein Menuet, oder ein Liedchen, und trug es dann mit dem angemessenen Ausdrucke vor.

Jeder Leser wird es wahrscheinlich finden, wenn ich sage, da? der kleine Mozart, das lebhafteste Temperament, und ein sehr z?rtliches Gefühl hatte. Seinen kindischen Spielen ergab er sich mit einer Innigkeit, die ihn auf alles übrige vergessen lie?, und Liebe für alle Personen die um ihn waren, oder sich mit ihm abgaben war sein herrschender Hang; er fragte jeden, der mit ihm umgieng, ob er ihn lieb habe, und vergo? gleich Z?hren, wenn man es scherzweise verneinte.

Ueberhaupt ergab sich Mozart schon als Kind und Knabe allen Dingen und Personen, an denen sein Geist Interesse fand, mit der ganzen warmen und lebhaften Innigkeit, deren ein so zartorganisirter Mensch f?hig ist. Dieser Zug blieb stets auch an dem Manne das unterscheidende Merkmal – und war oft sein Unglück.

Im 6ten Jahre kam er schon in der Musik so weit, da? er selbst kleine Stücke auf dem Klavier komponirte, die dann sein Vater in Noten setzen mu?te. Von diesem Zeitpunkte an empfand er nichts so lebhaft, als T?ne, und jede andere Spielerey, die sonst Kinder freut, war ihm gleichgiltig, sobald nicht Musik dabey war.

Die t?glichen Fortschritte die er darinn machte, setzten oft den Vater, der doch best?ndig um ihn war, und jeden Schritt beobachtete, in das überraschendeste Erstaunen; denn es waren nicht Fortschritte eines gew?hnlichen geschickten Lehrlings, sondern Riesenschritte eines Genies, dessen Gr??e selbst sein Vater und Erzieher nicht ahnden konnte, weil seine Entwickelung und Aeu?erung auch den gr??ten Erwartungen zuvor kam. Folgende Begebenheit, die auch Schlichtegroll in seinem Nekrolog erz?hlt, und die mir von mehreren Personen best?ttiget wurde, mag zum Beweise dienen.

Als Wolfgang ungef?hr im 6ten Jahre seines Alters war, kam einst sein Vater, aus der Kapelle mit einem Freunde nach Hause zurück; sie trafen den kleinen Tonkünstler mit der Feder in der Hand besch?ftiget an. Der Vater fragte ihn was er denn mache.

Wolfg. Ein Conzert fürs Klavier.

Vat. La? sehen; das wird wohl was Sauberes seyn.

Wolfg. Es ist noch nicht fertig.

Nun nahm es der Vater in die Hand, und fand ein Geschmiere von Noten und ausgewischten Tintenflecken; denn der kleine Komponist wu?te mit der Feder noch nicht recht umzugehen; er tauchte sie zu tief in der Tinte ein und machte dann freylich immer Flecke auf das Papier, die er mit der Hand auswischte, und so weiter darauf fortschrieb. Als aber der Vater etwas aufmerksamer die Komposition betrachtete, blieb sein Blick vom angenehmen Erstaunen und einer unbeschreiblichen Rührung darauf gefesselt, und helle Thr?nen der Freude traten in seine Augen.

Sehen Sie Freund! sprach er dann l?chelnd, wie alles richtig und nach den Regeln gesetzt ist; nur kann man es nicht brauchen, weil es so schwer ist, da? es sich nicht spielen l??t.

Wolfg. Dafür ist es auch ein Konzert; man mu? so lange exerzieren, bis man es heraus bringt. Sehen Sie, so mu? es gehen.

Hier fieng er es an zu spielen, konnte aber auch selbst kaum so viel vorbringen, als man erkennen konnte, was seine Gedanken gewesen sind. Denn er hatte die Meynung, ein Conzert spielen, und Mirakel wirken sey alles eins.

Zu dieser Zeit hatte es der Knabe schon so weit in der Musik gebracht, da? der Vater ohne Bedenken auch das Ausland zum Zeugen der au?erordentlichen Talente seines Sohnes machen konnte.

Die erste Reise, die er mit ihm und seiner Schwester unternahm, war nach München, im Jahre 1762. Hier spielte Wolfgang vor dem Churfürsten ein Conzert, und erndete sammt seiner Schwester die gr??te Bewunderung ein.

Die zweyte Reise geschah im Herbste des nemlichen Jahres, also auch im 6ten Jahre seines Alters nach Wien, wo die beyden kleinen Virtuosen dem kaiserlichen Hof vorgestellet wurden.

Eine verehrungswürdige Dame, die damals am Hofe war, versicherte mich, da? beyde Kinder ein allgemeines Erstaunen erregt haben; man konnte kaum seinen Augen und Ohren trauen, wenn sie sich produzirten. Vorzüglich hat der verewigte Sch?tzer der Künste, Kaiser Franz I. an dem kleinen Hexenmeister, (wie er ihn scherzweise nannte,) viel Wohlgefallen gefunden. Er unterhielt sich vielmal mit ihm. Alle Anekdoten die Herr Schlichtegroll bey dieser Gelegenheit erz?hlet, sind mir als wahr best?ttiget worden.

Der Kaiser hat unter andern mit ihm gescherzt, es seye wohl keine so au?erordentliche Kunst zu spielen; wenn man auf die Klaviatur schauen kann, aber bey verdeckter Klaviatur – das w?re etwas? Mozart war damit nicht in Verlegenheit gesetzt: er l??t sich die Klaviatur bedecken und spielt eben so gut, wie vorher.

Auch die? sey noch nichts besonderes, versetzte der Kaiser, wenn man mit allen Fingern spielt; aber mit einem einzigen zu spielen, das w?r erst Kunst.

Auch diese Zumuthung machte den Knaben nichts weniger als verlegen – er versuchte es mit Entschlossenheit auf der Stelle, und spielte zur Verwunderung mehrere Stücke auf diese Art mit Nettigkeit aus. Schon damals ?u?erte er einen Charakterzug, der ihm stets eigen geblieben ist; nemlich die Verachtung alles Lobes der Gro?en, und eine gewisse Abneigung vor Ihnen, wenn sie nicht Kenner zugleich waren, zu spielen. Mu?te er es dennoch, so spielte er nichts als T?ndeleyen, Tanzstücke u. d. gl. unbedeutende Sachen. Aber, wenn Kenner zugegen waren, so war er ganz Feuer und Aufmerksamkeit.

Diese Eigenheit behielt er bis zu seinem Tode, wie wir es bey seinem dreymaligen Aufenthalt in Prag sehr oft erfahren haben.

So geschah es auch damals bey dem Kaiser Franz. Als er sich zum Klavier setzte um ein Konzert zu spielen, und der Kaiser bey ihm stand, sagte Mozart: ?Ist Herr Wagenseil nicht hier? der versteht es.? Wagenseil kam, und der kleine Virtuose sagte: ?Ich spiele ein Conzert von Ihnen, Sie müssen mir umwenden.?

Auch folgende Anekdote kann vielleicht zu seiner Schilderung beitragen.

Unter allen Erzherzoginnen nahm ihn Antoinette, die nachmalige K?niginn von Frankreich am meisten ein, und er hatte eine besondere Z?rtlichkeit für sie. Als er einst in den Zimmern der h?chstseligen Kaiserinn Maria Theresia war, und von den kleinen Prinzen und Prinzessinnen herum geführt wurde, hatte er das Unglück, des Gehens am gegl?tteten Fu?boden ungewohnt, zu fallen. Niemand war gesch?ftiger ihm beyzuspringen und aufzuhelfen, als die kleine Erzherzoginn Antoinette; die? rührte sein kleines Herz so sehr, da? er gerade zu der Monarchin eilte, und mit viel Begeisterung die Güte des Herzens dieser Prinzessinn erhob. Wer h?tte einem solchen Kinde nicht gut werden sollen?

Die beyspiellose Fertigkeit, mit welcher er das Klavier behandelte, und der hohe Grad der Kenntni? der Kunst, die er in einem Alter erreichte, wo Kinder sonst noch kaum einen Kunsttrieb ?u?ern, war bewundernswürdig genug; ja es lie? sich wohl kaum etwas Gr??ers erwarten. Aber der wunderbare Geist der T?ne, der in ihn von dem Sch?pfer gelegt ward, schritt alle gew?hnliche Schranken über, und ging, da er einmal erwacht war, allem Unterrichte voran. Was man ihn lehren wollte, das war seinem Geiste schon wie bekannt, und er schien sich nur daran zu besinnen!

Der Unterricht diente ihm also nur als Reizmittel, und zur Berichtigung des Geschmackes.

Mozart spielte bisher kein anderes Instrument als das Klavier; aber er konnte auch schon geigen, bevor es sein Vater wahrnahm, oder ihm irgend eine Anweisung auf der Violine gegeben hatte. Ich will den Vorfall, der dieses offenbarte mit den Worten des Nekrologes erz?hlen. – ?Mozart hatte aus Wien eine kleine Geige mitgebracht, die er dort geschenkt bekommen hatte. Kurz als die Familie wieder nach Salzburg zurück gekehrt war, kam Wenzl ein geschickter Geiger und Anf?nger in der Komposition zu dem Vater Mozart, und bath sich dessen Erinnerungen über 6 Trios aus, die er w?hrend der Abwesenheit der Mozartischen Familie gesetzt hatte.?

?Schachtner, ein noch lebender Hoftrompeter in Salzburg, den der kleine Mozart besonders liebte, war eben gegenw?rtig. Der Vater,? so erz?hlte dieser glaubwürdige Augenzeuge, ?spielte mit der Viola den Ba?, Wenzl die erste Violin, und ich sollte die zweyte spielen. Der kleine Wolfgang bath, da? er doch die zweyte Violin spielen dürfte. Aber der Vater verwie? ihm seine kindische Bitte, weil er noch keine ordentliche Anweisung auf der Violin gehabt h?tte und daher unm?glich etwas Gutes herausbringen k?nnte. Der Kleine erwiederte, da?, um die 2te Violin zu spielen man es ja wohl nicht erst gelernet zu haben brauche; aber der Vater hie? ihn halb in Unwillen davon gehen und ihn nicht weiter st?ren. Der Kleine fing an bitterlich zu weinen, und lief mit seiner kleinen Geige davon. Ich bath, man m?chte ihn doch mit mir spielen lassen; endlich willigte der Vater ein, und sagte zu ihm: Nun so geige nur mit Herrn Schachtner, jedoch so stille, da? man dich nicht h?re, sonst mu?t du gleich fort. Wir spielten und der kleine Mozart geigte mit mir, doch bald bemerkte ich, da? ich da ganz überflüssig sey. Ich legte meine Geige weg und sah den Vater an, dem bey dieser Scene Thr?nen der gerührten Z?rtlichkeit aus dem v?terlichen Auge über die Wangen rollten. So spielte Wolfgang alle 6 Trios durch. Nach deren Endigung wurde er durch unsern Beyfall so kühn, da? er behauptete, auch die erste Violin spielen zu k?nnen. Wir machten zum Scherz einen Versuch, und mu?ten herzlich lachen, als er auch diese, wiewohl mit lauter unrechten und unregelm??igen Applikaturen, doch aber so spielte, da? er nie v?llig stecken blieb.?

Mit welcher bewundernswürdigen Genauigkeit sein Ohr auch den feinsten Unterschied der T?ne ma?, wie unglaublich sicher sein Ged?chtni? T?ne behielt, beweiset folgender Vorfall, der sich fast um gleiche Zeit ereignete.

Schachtner, der erw?hnte Freund des Mozartschen Hauses, und der Liebling des kleinen Wolfgangs, besa? eine Violin, die dieser ihres sanften Tones wegen vorzüglich liebte, und die Buttergeige nannte. Er spielte eines Tages darauf. In einigen Tagen kam Schachtner wieder, und traf den Wolfgang auf seiner eigenen kleinen Geige phantasirend an.

?Was macht ihre Buttergeige?? sagte Wolfgang und fuhr in seiner Phantasie fort. Nach einer kleinen Pause, wo er sich auf etwas zu besinnen schien, sagte er weiter:

Wenn sie aber nur ihre Geige immer in gleicher Stimmung lie?en; sie war das letztemal, als ich auf ihr spielte, um einen Viertelton tiefer, als meine da. Man l?chelte über diese dreiste Behauptung in einer Sache, wo das geübteste Künstlerohr kaum einen Unterschied zu bemerken im Stande ist.

Der Vater aber, der schon oft durch ?hnliche Aeu?erungen des gro?en Tongefühls seines Sohnes überrascht wurde, h?lt es der Mühe werth die Angabe zu prüfen. Die Geige wird gebracht, und zum allgemeinen Erstaunen traf die Angabe mathematisch richtig ein.

Bey allen diesen Fertigkeiten, bey diesem au?erordentlich gro?en Talent, besa? der kleine Mozart einen Flei?, der für seinen zarten K?rperbau vielleicht zu gro? war. Man mu?te ihn Abends vom Klavier wegrufen, oft mit Ernst wegjagen, sonst h?tte ihn die aufgehende Sonne vielleicht noch bey demselben angetroffen.

Diese Vergessenheit seiner selbst, wenn er sich mit Musik besch?ftigte, blieb ihm bis an sein Ende eigen; er sa? t?glich am Fortepiano bis in die sp?te Nacht. Ein sicheres Kennzeichen des Genies, welches seinen Gegenstand immer mit der ganzen Kraft der Seele umfa?te, und seiner selbst verga?.

Man darf jedoch nicht glauben, da? er nicht auch zu andern Sachen f?hig war; alles was er lernte, begriff er leicht, und ergab sich dem Gegenstande mit einem Eifer und Feuer, dessen Grund in seiner empfindsamen Organisation lag. So bemahlte er Stühle, Tische und den Fu?boden mit Ziffern, als er rechnen lernte, und dachte und redete von nichts andern, als von arithmetischen Aufgaben; er ward nach der Zeit einer der geübtesten Rechenmeister.

Dabey war er so gehorsam und nachgiebig gegen seine Eltern, da? man nie sinnlicher Strafen bedurfte, und da? er selbst keine E?waare ohne Erlaubni? des Vaters annahm oder verzehrte.

Sobald sein gro?es Talent etwas bekannt wurde, so mu?te er oft ganze Tage sich vor Fremden h?ren lassen: und doch zeigte er nie Unwillen, wenn ihn der Befehl seines Vaters wieder an das Klavier gehen hie?. Gegen seine Gespielen war er immer voll Freundlichkeit und Wohlwollen, und hieng an ihnen mit der ganzen gro?en Z?rtlichkeit seines Herzen; selbst in kindischen Unterhaltungen zeigte sich sein Geist der Musik, von der immer etwas mit dabey seyn mu?te.

Im siebenten Jahre seines Alters, das ist, im Jahr 1763 machte Mozart mit seinen beyden Kindern die erste gr??ere musikalische Reise in Deutschland. Durch diese wurde der Ruhm des jungen Meisters allgemein verbreitet. Er zeigte seine Talente und Fertigkeiten vorzüglich in München, wo er auch ein Violin-Konzert vor dem Churfürsten spielte und dazu aus dem Kopfe pr?ambulirte; dann in Augsburg, Manheim, Mainz, Frankfurt, Koblenz, K?lln, Achen und Brüssel.

Von da giengen sie im November nach Frankreich, wo sich die Familie 21 Wochen aufhielt. Zu Versailles lie? sich der kleine 8 j?hrige Mozart in der k?nigl. Kapelle vor dem K?nige und dem ganzen Hofe auf der Orgel h?ren. Man sch?tzte zu dieser Zeit sein Orgelspiel noch h?her als das Klavierspiel.

In Paris gaben sie zwei Akademien fürs Publikum, wovon die Folge war, da? alsogleich der Vater sammt den beyden Kindern in Kupfer gestochen erschienen, und da? man allgemein in Bewunderung und Lobeserhebung derselben wetteiferte. Hier gab auch Wolfgang Mozart seine ersten Kompositionen in Stich heraus. Das erste Werk dedicirte er der Madame Viktoire, der zweyten Tochter des K?nigs, das andere der Gr?finn Tesse. Es sind Sonaten für das Klavier.

Von Paris ging die Familie den 10. April 1764 nach England. Noch in demselben Monate lie?en sich die Kinder vor der k?niglichen Familie h?ren; so auch im folgenden, wobei zugleich Mozart auf der Orgel des K?nigs spielen mu?te. Darauf gaben sie ein gro?es Konzert für das Publikum zu ihrem Besten; ein anderes zum Nutzen des Hospitals der W?chnerinnen: in beyden waren alle Sinfonien von der Komposition des Sohnes. Dann spielten sie noch einmal vor dem K?nig und dem vornehmsten Adel.

Der ungew?hnliche Beyfall und die Bewunderung, zu welcher solche Wundertalente das Publikum überall hingerissen haben, waren für den jungen Mozart Antrieb und Reiz sich immer vollkommener zu machen. Er sang auch mit der gr??ten Empfindung Arien – und es war gewi? ein rührendes Schauspiel dieses kleine Virtuosenpaar auf 2 Klavieren konzertieren, oder im Gesange wetteifern zu h?ren! der Sohn war schon so weit in der Kunst gekommen, da? er die schwersten Stücke von den gr??ten Meistern vom Blatte wegspielen konnte; in Paris und London legte man ihm Sachen vom H?ndel und Bach vor, die er mit Akkuratesse und dem angemessenen Vortrage zur Verwunderung jedes Kenners vom Blatt wegspielte.

Als er bei dem K?nige von England spielte, legte man ihm unter andern einen blo?en Ba? vor, wozu er auf der Stelle eine vortreffliche Melodie erfand und zugleich vortrug.

W?hrend dieses Aufenthalts in England schrieb er 6 Klavier-Sonaten, die er in London stechen lie? und der K?nigin dedizirte.

Den Sommer des Jahrs 1765 brachte die Familie in Flandern, Brabant und Holland zu. W?hrend einer gef?hrlichen Krankheit, (Blattern waren es), welche die beyden Kinder einige Monathe lang auf das Krankenbette fesselte, fing Wolfgang andere 6 Klavier-Sonaten an; und als er sie nach der Krankheit vollendet hatte, lie? er sie stechen, und dedizirte sie der Prinzessin von Nassau-Weilburg. In dieser Krankheit zeigte sich die immer rege Th?tigkeit seines harmonischen Geistes sehr auffallend: denn da er das Bette nicht verlassen durfte, so mu?te man ihm ein Brett über das Lager richten, auf welchem er schreiben konnte; und selbst als seine kleinen Finger noch voll Pocken waren, konnte man ihn kaum vom Spielen und Schreiben abhalten. Diese Anekdote ist aus dem Munde eines sehr glaubwürdigen Zeugen.

Zu dem Installationsfeste des Prinzen von Oranien, im Anfange des Jahrs 1766, setzte der junge Mozart einige Sinfonien, Variationen und Arien.

Nachdem er einigemal bey dem Erbstatthalter gespielt hatte, gieng die Familie wieder nach Frankreich, blieb einige Zeit in Paris, und reiste über Lyon und die Schweiz nach Schwaben, wo sie einige Zeit in Donaueschingen bey dem Fürsten von Fürstenberg verweilten, und dann zu Ende des Jahrs 1766 nach einer Abwesenheit von 3 Jahren wieder in Salzburg eintrafen.

Hier blieb nun die Mozartische Familie mehr als ein Jahr in Ruhe. Diesen Zeitraum der Musse wendete der junge Künstler auf das h?here Studium der Komposition, deren gr??te Tiefen er nun bald ergründet hatte. Emmanuel Bach, Hasse und H?ndel waren seine M?nner – ihre Werke sein unabl?ssiges Studium! Er vernachl?ssigte auch nicht die alten italienischen Meister, deren Vorzüge in Rücksicht der Melodie und der Gründlichkeit des Satzes so auffallend gegen die heutigen Italiener abstechen. So schritt er immer n?her zu der Stufe der Vollkommenheit, auf der ihn bald darauf die Welt als eine seltene Erscheinung erblickte.

Im folgenden Jahre 1768 gieng Mozart nach Wien und spielte vor dem Kaiser Joseph, der dem 12 j?hrigen Knaben den Auftrag gab, eine Opera buffa zu schreiben. Sie hie? La finta semplice, und erhielt den Beyfall des Kapellmeisters Hasse und Metastasios, wurde aber nicht aufgeführt.

Bey diesem Aufenthalte zu Wien war er oft bey dem Dichter Metastasio, der ihn sehr liebte, bey dem Kapellmeister Hasse und dem Fürsten Kaunitz; hier gab man ihm oft die erste beste italienische Arie, zu welcher Wolfgang auf der Stelle in Gegenwart aller Anwesenden die Musik mit allen Instrumenten setzte. Dieses Faktum best?ttigen mehrere noch lebende verehrungswürdige Zeugen, aus deren Mund ich die Anekdote geh?rt habe.

Zu der Einweihung der Kirche des Waisenhauses, welche zu dieser Zeit gefeyert wurde, komponirte der zw?lfj?hrige Meister Mozart die Kirchenmusik, und dirigirte ihre Aufführung in Gegenwart des ganzen kaiserlichen Hofes.

Das Jahr 1769 brachte er mit seinem Vater in Salzburg zu, theils in vollkommener Erlernung der italienischen Sprache, theils in der Fortsetzung des h?hern Studium seiner Kunst. In demselben Jahre wurde er zum Konzertmeister bey dem Salzburgischen Hofe ernannt.

Mozart hatte nun die ansehnlichsten L?nder Europens gesehen; der Ruhm seines gro?en, früh gereiften Künstlertalents blühte bereits von den Ufern der Donau bis zur Seine und der Themse hin; aber er war noch nicht in dem Vaterlande der Musik gewesen. Italiens Beyfall und Bewunderung mu?te erst der Urkunde seines Ruhmes das Siegel aufdrücken. Auch war es seinem nach Vollkommenheit strebenden Geiste daran gelegen, die Blüthe der Tonkunst – den Gesang in seinem natürlichen Boden zu beobachten, und die vielen gro?en M?nner, die damals noch Italiens Ruhm in der Musik stützten, zu kennen – und von ihnen zu lernen.

Im Dezember des n?mlichen Jahres verlie? also Mozart blos in Begleitung seines Vaters, Salzburg. Sein erster Aufenthalt war Inspruck, wo er in einer Akademie bey dem Grafen Künigl ein Konzert primi vista mit vieler Leichtigkeit spielte. Von da giengen sie nach Mailand.

Hatte in Frankreich und England sein gro?es Genie und die seltenen Kunst-Fertigkeiten Bewunderung erregt, so war es in Italien feuriger Enthusiasmus, mit dem man ihn aufnahm und erhob! Selbst der m?chtige Nationalstolz, und das Vorurtheil des Ultramontanismus wich besiegt von den gl?nzenden Talenten des 12 j?hrigen Knaben; er schien eine Erscheinung vom Himmel, ein h?herer Genius der Tonkunst zu seyn!

So gro? war die Ueberlegenheit seines Genies, da? ihm zu Mailand nach einigen ?ffentlichen Proben seiner Kunst, gleich die Scrittura zu der Opera seria für den künftigen Karneval 1771 gegeben ward. Von da reisete er schon im M?rz 1770 nach Bologna – eine Stadt die nebst Neapel den gr??ten Ruhm der Musik hatte.

Hier fand der junge Künstler einen enthusiastischen Bewunderer an dem berühmten Kapellmeister Pater Martini,[1] dem gr??ten Kontrapunktisten und einem berühmten Schriftsteller in der Musik. Künstler von wahrem Verdienst ehren einander überall! Auch haben es die Italiener nicht nur an Mozart, sondern auch an unserm Landsmann Misliweczek bewiesen, da? sie gro?e Talente, wenn sie auch au?er Italien entsprossen sind, zu sch?tzen verstehen. Wie gro? war die Achtung, in der dieser berühmte B?hme in Neapel und Rom stand?

Abbate Martini war nebst den andern Kapellmeistern au?er sich vor Bewunderung, als der junge Mozart über jedes Fugenthema, das ihm Martini hinschrieb, die geh?rige Eintheilung und Disposition nach der ganzen Strenge der Kunst angab, und die Fuge augenblicklich auf dem Klavier ausführte.

Zu Florenz fand man bey seiner Gegenwart alles, was der Ruf von seinen Talenten sagte, zu gering, als Mozart bey dem Marchese Ligneville ebenfalls einem gro?en Kontrapunktisten, jedes angegebene Thema auf der Stelle vortrefflich ausführte – jede vorgelegte Fuge, mit einer Leichtigkeit vom Blatte wegspielte, als h?tte er sie selbst komponirt. Und wie wahr es ist, da? treffliche Geister einander verstehen und ihre Verwandschaft bald anerkennen, zeuget die Bekanntschaft, die Mozart hier in Florenz mit einem jungen Engl?nder Thomas Linley, einem Knaben von 14 Jahren gemacht hatte. Er war der Schüler des berühmten Violonisten Nardini, schon selbst Virtuose und Meister seines Instrumentes. Sie wurden bald innige vertraute Freunde; ihre Freundschaft aber war nicht Knaben Anh?nglichkeit, sondern die Z?rtlichkeit zweyer tieffühlenden, übereinstimmenden Seelen! sie achteten sich als Künstler, und führten sich auf wie M?nner! Wie bitter war ihnen der Tag ihrer Trennung? Linley brachte Mozarten am Tage der Abreise noch ein Gedicht, das er von der Dichterin Corilla auf ihn hatte verfertigen lassen, schied unter vielen Umarmungen und Thr?nen von ihm, und begleitete seinen Wagen unter best?ndigen Aeu?erungen der z?rtlichsten Betrübni? bis vor die Stadt.

Von Florenz reisete Vater und Sohn nach Rom; sie kamen eben in der Charwoche an. Hier hatte nun Mozart Gelegenheit genug die vielen Meisterstücke der erhabensten Kirchenmusik zu h?ren, die in dieser heiligen Zeit bey der ernsten Feyer der Welterl?sung aufgeführt werden. Den ersten Rang darunter verdiente das berühmte Miserere, welches Mittwochs und Freytags diese Woche in der sixtinischen Kapelle blos von Vokalstimmen gesungen wird, und das in dem erhabenen, feyerlichen Kirchengesange das non plus ultra der Kunst seyn soll; so zwar da? es den p?pstlichen Musikern unter der Strafe der Exkommunikation verbothen ward, eine Kopie davon zu machen.

Die? gab dem jungen Mozart den Gedanken ein, bei der Anh?rung desselben recht aufmerksam zu seyn, und es dann zu Hause aus dem Ged?chtnisse aufzuschreiben. Es gelang ihm über alle Erwartung; er nahm den Aufsatz am Charfreytage zur Wiederholung desselben mit, um im Stande zu seyn Verbesserungen zu machen, und das Mangelhafte zu erg?nzen.

Bald verbreitete sich der Ruf davon in Rom, und erregte allgemeines Aufsehen und Erstaunen; besonders, da es Mozart in einer Akademie aufführte, wobey der Kastrat Christophori zugegen war, welcher es in der Kapelle gesungen hatte, und durch sein Erstaunen Mozarts Triumph vollkommen machte.

Wer es einsieht, welchen Aufwand von Kunst eine so vielstimmige, kritische Choralmusik erfodert, der wird mit Recht durch diese Begebenheit in Erstaunen gesetzt. Welch ein Ohr, Ged?chtni?, Tongefühl – welche Kenntni? des Satzes war das, die verm?gend war, ein solches Werk sogleich zu fassen und so vollkommen zu behalten? Die? zu k?nnen, mu?te ein h?heres Ma? von Kr?ften vorhanden seyn, als man gew?hnlich anzutreffen pflegt.

In Neapel, wohin er sich aus Rom begab, fand Mozart nicht weniger Bewunderer, als in den andern St?dten Italiens; denn jeder unbefangene Zuh?rer mu?te seinem Genie huldigen. Mozart ri? sp?ter als Mann mit der Allgewalt seiner Kunst jedes gefühlvolle Herz hin: was mu?te den Zuh?rern in Italien geschehen, die einen Knaben sahen und den vollendetesten Künstler h?rten? – Sie hielten ihn für einen Zauberer: der war nun Mozart freylich: aber die magische Kraft lag nicht in seinem Ringe, wie man in Neapel w?hnte; denn als er ihn auf Verlangen der Zuh?rer weglegte, war sein Spiel nicht weniger bezaubernd, als zu vor. Man denke sich nun das Erstaunen und die Bewunderung der lebhaften Italiener? Von Neapel kehrte Mozart, mit einem Rufe, der nur selten einem Künstler vorangeht, nach Rom zurück. Der Papst durch alle die Wunder der Kunst aufmerksam gemacht, wollte den jungen Kapellmeister sehen. Er ward ihm vorgestellt, und erhielt das Kreuz und Breve als Ritter militiae auratae.

Auf seiner Rückreise von Rom nach Mayland, hielt er sich wieder eine kurze Zeit zu Bologna auf, wo er mit einstimmiger Wahl als Mitglied und Maestro der philharmonischen Akademie aufgenommen wurde. Zur Prüfung bekam er eine vierstimmige Fuge im Kirchenstil auszuarbeiten; man schlo? ihn deshalb in ein Zimmer ganz allein ein. Er war damit in einer halben Stunde fertig und erhielt das Diplom.

In allen diesen St?dten wurden ihm Opern-Akkorde für den n?chsten Fasching angetragen; da er aber bereits für Mailand versprochen war, so mu?te er sie alle ausschlagen. Daher eilte er dahin zu kommen. Seine Oper unter dem Titel: Mitridate kam noch zu Ende des Jahres 1770, den 26. Dezember auf die Scene; sie erhielt allgemeinen Beyfall und ward zwanzigmal nacheinander aufgeführt. Eben darum wurde mit ihm alsogleich schriftlichen Akkord auf die Opera seria für den Karneval von 1773 eingegangen. Sie hie?, Lucio Sulla und erhielt einen noch gr??ern Beyfall als Mitridate, denn sie wurde 26mal ohne Unterbrechen aufgeführt.

Auf seiner Rückreise aus Italien im J. 1771, besuchte er noch Venedig und Verona; hier überreichte man ihm auch das Diplom als Mitglied der philharmonischen Gesellschaft.[2] So kam er nach einem Aufenthalte von mehr als 15 Monaten in Italien, nach Salzburg zurück. Die Ausbeute dieser langen Reise war ein Schatz neuer Kenntnisse und Ideen, ein gel?uterter Geschmack und die Bewunderung einer Nation, die von der Natur selbst zur Richterin in der Tonkunst berufen zu seyn schien.

Bey seiner Ankunft in Salzburg fand Mozart einen Brief von dem Grafen Firmian aus Mayland, worinn ihm dieser im Namen der Kaiserin Maria Theresia den Auftrag machte, die gro?e theatralische Serenate zur Verm?hlung des Erzherzogs Ferdinand zu schreiben.[3] Zu diesem Feste schrieb Hasse, der ?lteste unter den Kapellmeistern die Opera, und Mozart, der jüngste unter ihnen, die Serenate; die Kaiserin schien das so mit Absicht angeordnet zu haben! Diese Serenate hie?: Ascanio in Alba; w?hrend der Feyerlichkeit ward immer mit der Oper und der Serenate abgewechselt. Bey der Wahl des neuen Erzbischofs von Salzburg, 1772, schrieb Mozart auch eine theatralische Serenate, betitelt: Lo sogno di Scipione.

Einige Reisen die Mozart im Jahre 1773 und 1774 nach Wien und München machte, gaben die Gelegenheit zu mehreren Meisterwerken der Tonkunst; hieher geh?rt die komische Oper: La finta Giardiniera, und mehrere Messen für die Münchner Hofkapelle.

Im Jahre 1775 schrieb Mozart in Salzburg die Serenate il re pastore, welche au?erordentlich gefiel, und unter diejenigen ?ltern Werke Mozarts geh?rt, die auch jetzt noch ihren gro?en Werth haben; denn er hatte darinn schon den hohen Geist ahnden lassen, der in seinen sp?tern Kunstwerken herrscht. Dahin geh?rt das Oratorium der büssende David, welches unter die besten Werke dieser Art geh?rt, und auch jetzt noch von Kennern bewundert wird.

Fu?noten:

[1] Anmerkung: Ohne meine Erinnerung werden die Leser einsehen, da? dieser Martini mit dem Opernkomponisten Martini, dem Verfasser der Cosa rara, nicht zu verwechseln sey.

[2] Anmerkung. Alle diese Diplome, so wie das Kreuz des p?pstl. Ordens, bewahret die Wittwe zum Andenken.

[3] Serenaten waren eine Gattung Kantaten, denen zum Grunde ein dramatisches Sujet gelegt war; sie hatten also Aehnlichkeiten mit den Oratorien.

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