Zum dreizehnten Mal hatte ich die Kisten für unseren Umzug nach Berlin gepackt. Fünf Jahre lang hatte ich meine Karriere als brillante Chirurgin für meinen Verlobten Mika geopfert. Doch am Morgen des Umzugs sagte er erneut ab. Seine ‚zerbrechliche ' Assistentin Jelka hatte angeblich eine Panikattacke und brauchte ihn. Er ließ mich allein in der Wohnung voller Kartons zurück mit den Worten: „Du bist stark, Hanna. Du schaffst das allein. " Aber der wahre Verrat war nicht die dreizehnte Absage. Es war die Tasse Kamillentee, die er mir gegen meine Migräne gemacht hatte. Ein Tee, den ich verabscheue. Nach fünf Jahren wusste er immer noch nicht, dass ich Earl Grey liebe. Er hatte mich nie wirklich gesehen. In diesem Moment zerbrach die Illusion. Ich war die Tochter des berühmten Professors Kunz, eine Erbin, die ihre Identität für ihn verborgen hatte. Ich nahm das weiße Leinenkleid, das ich für unseren Neuanfang gekauft hatte, und zerriss es mit einem einzigen Ruck. Die Beziehung war vorbei. Ich gehe nach Berlin – aber allein.
Zum dreizehnten Mal hatte ich die Kisten für unseren Umzug nach Berlin gepackt. Fünf Jahre lang hatte ich meine Karriere als brillante Chirurgin für meinen Verlobten Mika geopfert.
Doch am Morgen des Umzugs sagte er erneut ab. Seine ‚zerbrechliche ' Assistentin Jelka hatte angeblich eine Panikattacke und brauchte ihn.
Er ließ mich allein in der Wohnung voller Kartons zurück mit den Worten: „Du bist stark, Hanna. Du schaffst das allein. "
Aber der wahre Verrat war nicht die dreizehnte Absage. Es war die Tasse Kamillentee, die er mir gegen meine Migräne gemacht hatte.
Ein Tee, den ich verabscheue. Nach fünf Jahren wusste er immer noch nicht, dass ich Earl Grey liebe. Er hatte mich nie wirklich gesehen.
In diesem Moment zerbrach die Illusion. Ich war die Tochter des berühmten Professors Kunz, eine Erbin, die ihre Identität für ihn verborgen hatte.
Ich nahm das weiße Leinenkleid, das ich für unseren Neuanfang gekauft hatte, und zerriss es mit einem einzigen Ruck.
Die Beziehung war vorbei. Ich gehe nach Berlin – aber allein.
Kapitel 1
Hanna Kunz POV:
Es war der dreizehnte Umzug, den Mika abgesagt hatte. Dreizehnmal hatte ich Kisten gepackt, unsere Zukunft geplant, mein Herz nach Berlin gerichtet. Dreizehnmal hatte ich mich auf den Weg gemacht, nur um am Ende wieder vor verschlossenen Türen zu stehen.
Die Migräne pulsierte hinter meiner rechten Schläfe.
Ein unsichtbarer Hammer schlug im Takt meiner Verzweiflung.
Ich drückte die Fingerkuppen meiner rechten Hand gegen meine Schläfe, als könnte ich den Schmerz so zermahlen.
Es war kurz nach fünf Uhr morgens, die Sonne noch ein undeutliches Versprechen am Horizont.
Der Wecker hatte mich um drei aus den wenigen Stunden Schlaf gerissen, die ich mir gönnen konnte.
Die letzte Kiste war mit Präzision und einer seltsamen, fast rituellen Sorgfalt verschlossen.
In zwei Stunden würde der Umzugswagen eintreffen.
In drei Stunden würden wir auf dem Weg nach Berlin sein.
Ich stand vor dem Kleiderschrank, der jetzt nur noch gähnende Leere zeigte.
Mein Blick fiel auf das weiße, schulterfreie Leinenkleid, das dort hing.
Es war das Kleid, das ich für unsere Ankunft in Berlin ausgewählt hatte.
Ein Kleid für einen Neuanfang. Ein Kleid für eine neue Hanna.
Ich streckte die Hand aus und berührte den weichen Stoff.
Ein winzig kleines Lächeln huschte über mein Gesicht, so flüchtig, dass es kaum existierte.
Mika würde es lieben.
Ich hatte ihm ein Foto davon geschickt, noch bevor ich es gekauft hatte.
Er hatte geantwortet: „Perfekt, Schatz. "
Ich legte es sorgfältig auf das Bett. Es gab keine Eile.
Der Duft von frisch gebrühtem Kaffee zog durch die kleine Wohnung.
Ich hatte den Kaffee für Mika zubereitet. Er würde jeden Moment aufwachen.
Oder vielleicht auch nicht.
In den letzten Wochen hatte er es sich zur Gewohnheit gemacht, bis zur letzten Minute zu schlafen.
Ich schlürfte meinen eigenen Kaffee. Er schmeckte bitter, so wie meine Gedanken.
Mein Handy summte auf der Arbeitsplatte.
Mikas Name leuchtete auf dem Display.
Ich zögerte. Ein kleiner Stich der Angst durchfuhr mich.
Wieder ein ungutes Gefühl.
Ich nahm den Anruf entgegen.
„Hanna? ", seine Stimme war rauh, belegt mit einer seltsamen Anspannung.
„Mika. Alles in Ordnung? ", fragte ich, meine Stimme klang ruhiger, als ich mich fühlte.
Ein Seufzer. Ein tiefer, atemloser Seufzer.
„Es tut mir leid, Schatz. Ich... ich kann heute nicht. "
Der Atem stockte mir.
Nicht heute.
Nicht wieder.
„Was ist los? ", meine Kehle war trocken, meine Stimme nur ein Flüstern.
„Jelka ", sagte er. Ihr Name fiel wie ein kleiner, scharfer Stein zwischen uns.
„Sie hatte wieder eine Panikattacke. Sie... sie braucht mich. "
Ich schloss die Augen.
Dreizehn.
„Warum ruft sie dich an? Sie hat doch ihre Familie hier, ihre Freunde ", sagte ich.
Es war nicht das erste Mal, dass diese Frage meine Lippen verließ.
Es war auch nicht das erste Mal, dass sie unbeantwortet blieb.
„Sie hat niemanden, Hanna. Du weißt das ", erwiderte Mika.
Seine Stimme klang jetzt gereizt.
„Sie ist jung, allein. Ich bin ihr Mentor. "
Mentor.
Ich öffnete die Augen.
Das weiße Kleid auf dem Bett schien mich anzustarren.
„Mika, der Umzugswagen kommt in anderthalb Stunden ", sagte ich, meine Stimme klang jetzt wie Eis.
„Ich weiß, ich weiß! Ich rede ja schon mit der Spedition. Wir verschieben das einfach wieder. "
Verschieben.
Dreizehnmal verschieben.
„Nein ", sagte ich. Das Wort war hart, scharf.
„Nein? ", er kfasste es nicht.
„Mika, ich habe genug ", sagte ich.
Ich hörte ein Geräusch. Es war die Haustür, die aufging.
Mika muss Jelka angerufen haben.
Jelka betrat die Wohnung, ihre Augen waren geweitet, ihre Lippen zitterten.
Sie sah mich an. Ein Triumphzug in ihren Augen, der sich sofort wieder verbarg.
Sie umklammerte Mikas Arm.
„Mika, wo bist du? ", fragte ich, als ich sah, dass Mika sich von mir abwandte.
„Ich muss los, Hanna. Sie braucht mich ", sagte er.
Er legte auf.
Ich war allein.
Der Kaffee schmeckte mir nicht mehr.
Ich stürmte aus der Küche.
Mika stand mit Jelka im Wohnzimmer. Sie schmiegte sich an ihn, ihr Kopf an seiner Schulter.
„Mika, du kannst jetzt nicht gehen! ", rief ich.
Er drehte sich nicht um.
Ich rannte auf ihn zu, packte seinen Arm.
„Wir müssen reden! ", forderte ich.
Er löste meinen Griff mit überraschender Stärke.
„Hanna, bitte. Jetzt nicht. Sie ist nicht gut drauf. "
Jelka schluchzte leise.
„Sie braucht mich mehr als du, offensichtlich ", sagte ich, meine Stimme zitterte jetzt vor Wut.
Er schüttelte den Kopf.
„Das ist unfair, Hanna. Du bist stark. Du schaffst das allein. "
Ich bin stark.
Diese Worte hatten mich jahrelang gefesselt.
„Und was ist mit uns? Mit Berlin? ", fragte ich.
Er drehte sich um. Seine Augen waren jetzt voller Schuld, aber auch voller Entschlossenheit.
„Wir werden das aufholen, versprochen. Sobald Jelka wieder stabil ist. "
Ein leeres Versprechen. Eines von dreizehn.
Er drehte sich wieder um, um Jelka zu stützen.
Sie warf mir einen Blick zu, einen kalten, triumphierenden Blick über Mikas Schulter hinweg.
Dann waren sie weg.
Die Tür knallte ins Schloss.
Ich stand allein im Wohnzimmer, umgeben von gepackten Umzugskartons.
Meine Wut verflog.
Übrig blieb eine eiskalte Leere.
Dreizehnmal. Es war immer das Gleiche.
Früher hätte ich geschrien, geweint, die Wände angeschrien.
Ich hätte ihn angefleht, zu bleiben.
Aber nicht heute.
Ich spürte nichts.
Eine seltsame Ruhe breitete sich in mir aus.
Die Migräne war verschwunden.
Ich blickte auf das weiße Leinenkleid, das immer noch auf dem Bett lag.
Es war das Kleid, das ich für unseren Neuanfang in Berlin ausgewählt hatte.
Unsere.
Ich ging zurück ins Wohnzimmer.
Der Kaffee war kalt geworden.
Mein Handy lag noch auf der Arbeitsplatte.
Mika hatte mir eine Nachricht geschickt.
„Hey, Schatz. Hab dir eine Tasse von deinem Lieblings-Kamillentee hingestellt, bevor ich gegangen bin. Trink ihn, das hilft gegen deine Kopfschmerzen. Ich liebe dich. "
Kamillentee.
Ich starrte auf die Tasse.
Kamillentee.
Er wusste doch, dass ich Kamillentee hasste.
Ich hatte ihn einmal im Scherz getrunken, weil er dachte, es sei lustig.
Er hatte sich Notizen gemacht. Ich hatte es gesehen. Eine kleine Notiz in seinem Notizbuch: "Hanna mag Kamillentee bei Kopfschmerzen."
Er hatte es nie wieder erwähnt.
Ich hatte es auch nie wieder erwähnt.
Ich hatte ihm zehnmal gesagt, dass ich Earl Grey liebte.
Mit einem Schuss Milch, keine Zitrone.
Ich hatte ihn immer wieder darauf hingewiesen, wenn wir in einem Café waren.
Er hatte jedes Mal genickt und gesagt: „Ich merke es mir, mein Schatz. "
Aber er hatte es nie gemerkt.
Oder er hatte es vergessen.
Es war ihm einfach egal gewesen.
Diese Kleinigkeit, dieser Kamillentee, war der Beweis.
Der Beweis, dass er mich nie wirklich gesehen hatte.
Nie wirklich zugehört hatte.
Der Beweis, dass ich für ihn nur eine Projektionsfläche war.
Jemand, der das Bild von „der starken Frau " erfüllte, die ihn nicht brauchte.
Ich lachte. Ein trockenes, leeres Lachen, das in der Stille der Wohnung verhallte.
Die Erkenntnis traf mich nicht wie ein Schlag. Eher wie ein sanftes Abstreifen einer Illusion.
Ich war frei.
Ich streckte meine Hand nach dem weißen Leinenkleid auf dem Bett aus.
Es war so schön. So unschuldig.
Ich hob es hoch.
Ein Gefühl der Wut, das ich für verloren gehalten hatte, kehrte zurück.
Mit einem lauten Riss zerrte ich das Kleid auseinander.
Der Stoff gab nach, teilte sich in zwei ungleiche Hälften.
Ich warf die Fetzen auf den Boden.
Das war es.
Kein dreizehnter Umzug.
Kein dreizehntes Mal.
Die Beziehung war vorbei.
Endgültig.
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