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Klingsors letzter Sommer

Klingsors letzter Sommer

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Chapter 1 No.1

Word Count: 6324    |    Released on: 06/12/2017

ung, nach einem Wirbel von Spannungen und Ereignissen, Aufregungen und Gefahren, noch tief ers

anft schwankende Brücken, alles fremdartig, sch?n und etwas sinnlos, Bilder aus Schulbüchern und aus Ansichtskarten, Landschaften, die man sich erinnert einmal gesehen zu haben, und die einen doch nichts angehen. Dieses war

e Flügel bl?st. Er lebte nicht, er tat keine Auge auf, er fiel einem wie Blei aus der Hand, er gab keine Lust, keinen Glanz, keine Freude her. Es war seltsam, es war ihm dieser Tage schon mehrmals aufgefallen: er konnte durchaus nicht denken, an was er wollte, er hatte keine Verfügung über seine Gedanken, sie liefen wie sie wollten, und sie verweilten trotz seinem Str?uben mit V

l das mit sich zu schleppen und bis in den dünnen vergifteten Schlaf hinein bei sich zu tragen, ein Verbrechen, gef?lschte Papiere, heimlich eingen?htes Geld, den Revolver, den falschen Namen. Es schmeckte so nach

igungen bekannt, Vater von lieben Kindern? Warum? Er fühlte: ein Trieb mu?te dagewesen sein, ein Zwang und Drang von genügender St?rke, um einen Mann wie ihn zu dem Unm

und ausgeh?hlt von Aufregungen. Ermüdung und Mangel an Schlaf. Aber es half nichts, er mu?te nachdenken. Er mu?te suchen, und mu?te finden, e

einen Scheck mit braunen und blauen Banknoten ausbezahlte. Er sah eine Telephonzelle, wo er sich, w?hrend er ins Rohr sprach, mit der linken Hand gegen die Wand stemmte, um aufrecht zu bleiben. Vielmehr er sah nicht sich, er sah einen Menschen dies alles tun, einen fremden Menschen, der Klein hie? und nicht er war. Er sah diesen Menschen Briefe verbrennen, Briefe schreiben. Er sah ihn in einem Restaurant essen. Er sah ihn - nein, das war kein Fremder, das war er, das war

el Kontinental! Mu?te er darauf achten? War es wichtig? War eine Gefahr? Er schlo? die Augen und sank eine Minute lang in Bet?ubung, schreckte sofort wieder auf, ri? die Augen weit auf, spielte den Wachsamen. Wo war er? Der

in - -! Er ballte die H?nde vor Anstrengung. Das alles hier ging ihn ja nichts an, Hotel Milano, Bahnhof,

l?nger zu ertragen sein würde. Oder - war es nicht einfacher, dem ganzen ermüdenden Unsinn ein Ende zu machen? Hatte er denn nicht Gift bei sich

ich hinein, mein Gott! Was tun? Wozu noch leben? Mit der Stirn in dies bleiche Fratzenbild hinein, sich in diese trübe bl?de Scheibe stürzen, sich ins Glas verbei?en, sich am Glase den Hals abschneiden. Mit dem Kopf auf die Bahnschwelle schlagen, dumpf und d

s Glas stie?, schlief er wieder ein. Vielleicht Sekunden, vielleich

urch eine Stadt, bergauf und ab. Neben ihm sa? jemand, der den Wagen lenkte. Dem gab er im Traum einen Sto? in den Bauch, ri? ihm das Steuerrad aus den H?nden und s

um zu rekonstruieren und über ihn nachzudenken. Wie das an den B?umen vorbei gepfiffen hatte! Vielleicht kam es von der Eisenbahnfahrt? Aber das Steuern war, bei aller Gefahr,

eine Figur erinnern - nur an ein Gefühl, eine vage dunkle Stimmung . . . Wer konnte es gewesen sein? Jemand, den er verehrte, dem er Macht über sein Leben einr?umte, den er über si

essen. Es gab Wichtigeres. Jetzt wu?te er! Jetzt begann er zu wissen, zu ahnen, zu schmecken, warum er hier im Schne

u verheimlichen. Es war seiner Frau wegen geschehen, ei

eine lange, müde, ?de Stra?e, wo ein Mann allein im Staube sich mit schweren Lasten schleppt. Irgendwo hinten, unsichtbar jenseits des Staubes, wu?te er leuchtende H?hen und grüne rauschende Wipfel der Jugend verschwunden. Ja, er war einmal jung gewesen, und kein Jüngling wie alle, er

nte sich hinaus, und wieder fiel ein Schleier, und das R?tsel seines Schicksals ward ein wenig klarer. Er war im Süden! Er sah Reblauben auf grünen Terrassen stehn, goldbraun

Malm? sagen k?nnen. Erst jetzt war es kein Zufall mehr. Er war im Süden, er war durch die Alpen gefahren. Und damit hatte er den strahlendsten Wunsch seiner Jugendzeit erfüllt, jener Jugend, deren Erinnerungszeichen ihm auf der langen ?den Stra?e eines sinnlosen Lebens erloschen und verloren gegangen waren. Eine unbekannte Macht hatte es so gefügt, da? ihm die beiden brennendsten Wünsche seines Lebens sich erfüllten: die l?ngst vergessene Sehnsucht nach d

espielt und ein Haus dabei angezündet hat. Nun brannte es. Mein Gott! Und was hatte er davon? Und

len Bogen beschattet, H?user mit rosenrotem Anstrich und dickgemauerte Arkadenhallen mit dem kühlsten Blau gemalt, zahme Kastanien, da und dort schwarze Zypressen, kletternde Ziegen, vor einem Herrschaftshaus im Rasen die ersten Palmen kurz und dickst?mmig. Alles merkwürdig und ziemlich unwahrscheinlich, aber alles zusammen war doch überaus hübsch und verkündete etwas wie Trost. Es gab diesen Süden, er war kei

jetzt hin, und schlief bis es Abend war und der vollt?nende

ch an, er bestellte ein Zimmer und lie? sich die Adresse geben. Schlaf

stürzten steile spitze Zuckerhutberge j?h herab in einen See, der am Wiederschein unz?hliger Quailaternen kenntlich wurde. Eine Seilbahn senkte sich wie ein Korb den Schacht hinunter zur Stadt, halb gef?hrlich, halb spielzeughaft. Auf einigen der hohen Bergkegel glühten erleuchtete Fenster bis zum Gipfel in launischen Reihen,

s war neue Welt und neue Luft, und wenn sie ihn auch verwirrte und heimlich in Angst ver

dth?usern vorbei, wo laute Stimmen italienisch schrien und im Hof eines Wirtshauses eine Mandoline schrillte. Im letzten Hause klang eine M

vuole, pa

emo a fa

Feuerwerk, ein Reigen von kleinen, grün glühenden Lichtern erfüllte die Luft und das duftende, hohe Gras, tausend Sternschnuppen taumelten trunken durcheinander. Es war ein Schwarm von Leuchtk?fern, la

ie ?ngstliche Geschichte seines Lebens über der sch?nen Seltsamkeit. Gab es noch eine Wirklichkeit?

auf. Menschen riefen ihm Worte zu, die er nicht verstand. Unbekannte Riesenb?ume standen voll Blüten, eine steinerne Kirche hing mit

ge, der Kellner, des Liftjungen, der Hotelg?ste vorbei in die ?deste Ecke eines Restaurants. Er bat mit schwacher Stimme um die Speisekarte, und las, als w?re er noch arm und mü?te sparen, bei allen Speisen sorgf?ltig die Preise mit, bestellte etwas Wohlfeiles, ermunterte sich kün

ten die Plüschsessel. Alles blickte ihn kalt und fordernd an. Da fand er sich im Spiegel und las das Vergessene aus seinem Gesicht. Ja, er wu?te. Dies Gesicht hatte er früher nicht gehabt, nicht diese Augen, nicht diese Falten, nicht diese Farben. Es war ein neues Gesicht, schon einmal war es ihm aufgefallen, im Spiegel einer Glasscheibe, irg

mals mehr aus dem Wasserglas auf jenem Nachttisch trinken, auf dem bei der Stehlampe die Abendpost und ein Buch lag, und dahinter an der Wand überm Bett die Bilder seiner Eltern, und alles, und alles. Statt dessen starrte er hier im

twas anderm als mit sich selbst, immer hatte er zu tun und zu sorgen gehabt, um Geld, um Bef?rderung im Amt, um Frieden im Hause, um Schulgeschichten und Kinderkrankheiten; immer waren gro?e, heilige Pflichten des Bürgers, des Gatten, des Vaters um ihn her gestanden

eigenen Herzen war das Schicksal gro? geworden, Verbrechen und Auflehnung, Wegwerfen heiliger Pflichten, Sprung in den Weltenraum, Ha? gegen sein Weib, Flucht, Vereinsamung und vielleicht Selbstmord. Andere mochten wohl auch Schlimmes und Umstürzendes erlebt haben, durch Brand und Krieg, durch Unfall und b?sen Willen anderer -

t?dlich, ein Kn?uel von Vorstellungen und Erlebnissen. Es erinnerte ihn an den Traum

sich diesen vierfachen Mord vorstellen müssen, vielmehr sich verzweifelt gegen diese h??liche und unsinnige Vision gewehrt, wie sie ihm damals erschienen war. Genau damals hatten die Gedanken, Tr?ume und qu?lenden Zust?nde in ihm begonnen, so schien ihm, welche dann mit der Zeit zu der Unterschlagung und zu seiner Flucht geführt hatten. Vielleicht - es war m?glich - war es nicht blo? die übergro? gewordene Abneigung gegen seine Frau und sein Eheleben gewesen, die ihn von Hause

eschlachtet und dann die Hand gegen sich selber erhoben hatte. Es war die Frage gewesen, wie weit bei einer solchen Tat von Zurechnungsf?higkeit die Rede sein k?nne, und im weiteren darüber, ob und wie man überhaupt eine solche Tat, eine solche grausige Explosion menschlicher Scheu?lichkeit verstehen und erkl?ren k?nne. Er, Klein, war damals sehr erregt gewesen und hatte gegen einen Kollegen, welcher jenen Totschlag psychologisch zu erkl?ren versuchte, überaus heftig ge?u?ert: einem so scheu

damals, schon damals vor Jahren bei dem Gespr?ch über den Schullehrer W. habe sein Innerstes dessen Tat verstanden, verstanden und gebilligt, und seine so heftige Entrüstung und Erregung sei nur daraus entstanden, da? der Philister und Heuchler in ihm die Stimme des Herzens nicht habe gelten lassen wollen. Die furchtbaren Strafen und Foltern, die er dem Gattenm?rder wünschte, und die entrüsteten Schimpfworte, mit denen er dessen Tat bezeichnete, die hatte er eigentlich gegen si

diese Erinnerungen und Gedanken auseinanderzuf?deln und zu ordnen. Eine aufzuckende Ahnung letzter, erl?sender Erkenntnisse unterlag der Müdigkeit und

war, hatte er ja l?ngst gewu?t, seit Jahren schon, und seit den letzten Wochen und Tagen erst! Aber so hatte er sie noch nie an der Kehle gefühlt! Zwanghaft mu?te er an die wertlosesten Dinge denken, an einen vergessenen Schlüssel, an die Hotelrechnung, und daraus Berge von Sorgen und peinlichen Erwartungen schaffen. Die Frage, ob dies sch?bige Zimmerchen für die Nacht wohl mehr als dreieinhalb Franken kosten würde, und ob er in diesem Fall noch l?nger im Hause bleiben solle, hielt ihn wohl eine Stunde lang in Atem, Schwei? und Herzklopfen. Dabei wu?te er genau, wie dumm diese Gedanken seien, und sprach immer wieder sich selbst vernünftig und begütigend zu, wie einem trotzigen Kind, rechnete sich an den Fingern die v?llige Haltlosigkeit seiner Sorgen vor - vergebens, vollkommen vergebens! Vielmehr d?mmerte auch hinter diesem Tr?sten und Zureden etwas

n Todesbangigkeit dem Schicksal gegenüber wie ein Vogel der Schlange, festgebannt und von Furcht verzehrt. Schicksal, das wu?te er jetzt, kam nicht von irgendwo her, es wuchs im eigenen Innern. Wenn er kein Mittel dagegen fand, so

den finden. Das Ganze würde einen Sinn und ein Gesicht bekommen und würde dann vielleicht zu ertragen sein. Aber diese Anstrengung, dieses letzte Sichaufraffen war ihm zu viel, es ging über seine Kr?fte, er konnte einfach nicht. Je angespannter er zu denken versuchte, desto schlechter ging es, er fand statt Erinnerungen und Erkl?rungen in sich nur

er sich mit der Faust an die Stirn. Gott im Himmel, la? mich den Schlüssel finden! La? mich nicht so umkommen, so jammervoll, so dumm, so traurig! In Fetzen gel?st wie Wolkentreibe

wu?tlos sprach er ihn aus: ?Wagner - Wagner." Wo kam der Name

e zu ihm? Haha, hatte er sich wieder erwischt? Hatte er da wieder einen Schwindel aufgedeckt, eine kleine Lüge, einen kleinen Unrat? Ach ja, es kam einer um den andern zum Vorschein - in dem tadellosen Leben des Beamten und Gatten Friedrich Klein war es gar nicht tadellos, gar nicht sauber gewesen, in jeder Ecke lag ein Hund begraben! Ja, richtig, also so war es auch mit Wagner. Der Komponist Richard Wagner wurde von Friedrich Klein scharf beurteilt und geha?t. Warum? Weil Friedrich Klein es sich selber nicht verzeihen konnte, da? er als junger Mensch für diesen selben Wagner geschw?rmt hatte. In Wagner verfolgte er nun seine eigne Jugendschw?rmerei, seine eigne Jugend, seine eigne Liebe. Warum? Weil Jugend und Schw?rmerei und Wagner und all

ern! Wagner - so hie? jener Unheimliche, jener wahnsinnige Verbrecher, der seine ganze Familie umgebracht hatte. War nicht mit

g und emp?rt gescholten und ihm die grausamsten Strafen gewünscht. Und dennoch hatte er sp?ter selber, ohne mehr an Wagner zu denken, dens

cht dahin kommen, da? die Verantwortung für das Dasein von Kindern einem unertr?glich wurde, ebenso

n damals vor Jahren, als er noch meinte, seine Frau zu lieben und an ihre Liebe glaubte, schon damals hatte sein Innerstes den Schullehrer Wagner verstanden und seinem entsetzlichen Schlachtopfer heimlich zugestimmt. Was er damals sagte und meinte, war immer nur die Meinung seines Verstandes gewesen, nicht die seines Herz

mannes und rechtlichen Bürgers. Die heimliche Meinung seines Innersten hatte er nie gebilligt, er hatte sie nicht einmal g

nicht, es blieb alles Wichtige noch so dunkel, aber eine gewisse Helligkeit, eine gewisse Wahrheit war doch gewon

wischen Gedanke und Traum, verlor er hundertmal den Faden wieder, fand ihn

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